Crashkurs Mondsichtung

Bevor wir mit dem CrashKurs anfangen, möchte ich Euch eine schlechte Nachricht mitteilen. Die Sichtung des jüngsten Mondsichels ist in Deutschland oder Europa jahreszeitenabhängig! Je mehr wir vom Äquator entfernt sind, desto unkonsequenter werden die Sichtungen. Auf Grund der Neigung der Erdrotationsachse von 23° 26´ sind die Chancen, den Hilal zu sichten, im Frühling (März) für Europa (Nordhalbkugel) sehr groß, und im Herbst sehr klein. Aber wir geben die Hoffnung nicht auf :-)

Die Sichtung des Hilals wird nur dann möglich, wenn die folgenden 7. Punkte beachtet werden:

  1. Grundregel: Es darf nicht bewölkt sein oder irgendein Hindernis darf Eure Sicht stören (Gebäude, Wälder etc.). Städte, wo die Luftverschmutzung groß ist, sind abzuraten. Die besten Plätze sind lichtfreie Zonen, z.B. Berge, Meere oder Ozeane (wenn Ihr einen in Deutschland findet). Die Profis beachten noch weitere Parameter, wie Luftfeuchtigkeit, -druck und -temperatur etc.
  2. Ihr solltet nicht alleine auf die Jagd! Nicht weil es gefährlich ist, sondern mehrere Personen (min. 2) von Vorteil sind, die die Aussage des Anderen, dass dieser den Hilal gesehen hat, bestätigen können.
  3. Ein Mondmonat ist entweder 29 oder 30 Tage lang! Der Hilal muss am Abend des 29. eines islamischen Monats gesichtet werden, um den neuen Monatsanfang zu definieren. Wird der Hilal am 29. Abend des Monats nicht gesehen, so dauert dieser Monat 30 Tage. Man rechnet mit 30 Tagen nur dann, wenn man den Vormonat richtig angefangen hat! Der Hilal muss aber bei klaren atmosphärischen Bedingungen gesichtet werden, unter der Bedingung, dass der Vormonat richtig angefangen wurde, andernfalls hat man den Vormonat falsch angefangen.
  4. Der Mond darf nicht eher als die Sonne untergehen! Rechne Monduntergang minus Sonnenuntergang und ist der Wert größer als +20 Minuten, dann ist es möglich den Hilal zu sichten. Bei weniger als 20 Minuten ist die erforderliche Höhe von 5 Grad nicht gegeben. In den darauf folgenden Tagen, kann es auch unter 20 Minuten sein.
  5. Konkrete Daten über den "Neumond" müssen vorliegen, d.h. man braucht den Zeitpunkt der Konjunktion, wo Sonne, Mond und Erde genau auf einer gedachten Linie sind. Der "Neumond" ist nicht der Hilal. Der Neumond wird heutzutage leicht mit dem Hilal verwechselt. In vielen Kalendern wird der Neumond als ein schwarzer Punkt dargestellt. Oft werden "unerfahrene Jäger" durch diese Angabe im Kalender irre geleitet. Das wird uns aber nicht passieren :-) Der Neumond ist unsichtbar für das menschliche Auge, da der Mond von sich kein Licht abgibt, sondern das Licht der Sonne bei einer bestimmten Konstellation der Sonne und des Mondes reflektiert. Also damit man den Hilal auch sehen kann, muss Sonnenlicht von der Mondoberfläche auf die Erde reflektieren, also eine Elongation (Abstandswinkel zwischen Sonne und Mond) von mindestens 7 Grad haben!
  6. Die jüngste Sichtung des Mondes, das aufgezeichnet wurde, mit bloßem Auge erfolgte am 14. September 1871 (Quelle: Schäfer, Ahmad und Doggert, "Records of Young Moon Sightings, Quarterly Journal of Royal Astronomical Society (1993) 24, S.53-56). Der Mond war zur Zeit der Sichtung 15,4 Stunden alt und hatte eine Elongation von 9,3 Grad. Diese Sichtung erfolgte im letzten Jahrhundert, als es keine Luftverschmutzungen und Stadtlichter gab. Heutzutage ist es schwer, sogar nicht möglich solch einen Hilal zu sehen. Das wichtigste Kriterium für die Sichtbarkeit des Hilals ist die Elongation. Die Wissenschaftler gehen von folgenden Werten für eine erfolgreiche Sichtung des Hilals aus: Die Elongation muss mindestens 7 Grad betragen, d.h. der Mond muss sich 7 Grad von der Sonne wegbewegt haben, da sonst das Mondlicht von Gebirgen abgefangen wird (Danjon Effekt). Es dauert ungefähr zwischen 8,5 bis 15,5 Stunden bis sich der Mond 7 Grad von der Sonne wegbewegt hat (hängt von der Nähe des Mondes von der Erde ab). Nach 2,5 Stunden, nachdem die Elongation 7 Grad beträgt, kann man mit sehr starken Teleskopen den Hilal sehen (Mondalter 11- 18 Stunden), und nach 6 und mehr Stunden kann man ihn mit bloßem Auge sehen (Mondalter 17-24 Stunden). Alle Sichtungen mit bloßem Auge unter 15 Stunden und mit optischen Hilfen unter 12 Stunden werden von Experten als unglaubwürdig erklärt! Man kann von folgenden realistischen, durchschnittlichen Werten ausgehen: Sichtung möglich nach 17,2 Stunden mit bloßen Augen (Elongation mehr als 10 Grad) und 15,5 Stunden mit optischen Hilfsmitteln. In den letzten Jahren wurde das von den Experten festgelegte Limit von einigen islamischen Ländern erheblich überschritten, was eine große Diskussion auslöste. Mehr dazu bei Mondsichtung - Problematik. WICHTIG: Man kann nicht sagen, dass der Hilal nach 15,4 Stunden nach der Konjunktion bei Sonnenuntergang gesehen werden muss! Die oben genannten Daten können helfen. Man kann nur sagen, wann der Hilal nicht zu sehen ist! Die Sichtung des Hilals kann auch in einigen Monaten bis zu 23 Stunden dauern.
  7. Der Hilal ist kurz (ca.15 Minuten) nach dem Sonnenuntergang zusehen! Jetzt eine kleine Mathematikaufgabe: Also wir wissen, wann der Neumond entstanden ist. Wir wissen auch, wann die Sonne untergeht. Wir errechnen einfach die Differenz zwischen Sonnenuntergang und Entstehung des Neumonds. Ist der Wert größer als 12 Stunden, so hat man eine Chance den Hilal zu sichten. Merkt Euch: Wurde einmal der Hilal irgendwo gesehen, so muss westlich von diesem Ort der Hilal ganz leicht zu sehen sein!

Es dürfte nichts falsch gehen, wenn man alle Punkte beachtet. Beim ersten mal wird man noch Schwierigkeiten haben, doch mit der Zeit wird das zur Routine. Ich würde Euch gerne eine Plakette oder einen Ausweis zum Bestehen der Ausbildung überreichen, aber glaubt mir keiner wird ihn akzeptieren. Und falls Ihr mal erfolgreich gejagt habt, dann schreibt mir doch mal!

Viel Glück

Quelle: Khalid Shaukat