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Jahreskalender für Deutschland 1400-1449 n.H.

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Auf den folgenden Seiten werden hier erstmals berechnete Jahreskalender für Deutschland zur Verfügung gestellt, die über einen längeren Zeitraum von 50 Hijriyy-Jahren reichen. Diese Jahreskalender können zur Planung von Ereignissen in der näheren Zukunft dienen, aber auch zur Überprüfung vergangener Daten. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, an anderer Stelle veröffentlichte Jahreskalender mit unzulänglichen Informationen über die Art ihrer Berechnung damit zu vergleichen.

Zu den Kalendern:

Jahreskalender 1400-1409 n.H. / 1979-1989 n.J.

Jahreskalender 1410-1419 n.H. / 1989-1999 n.J.

Jahreskalender 1420-1429 n.H. / 1999-2008 n.J.

Jahreskalender 1430-1439 n.H. / 2008-2018 n.J.

Jahreskalender 1440-1449 n.H. / 2018-2028 n.J.

An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass der islamische Tag bereits mit Sonnenuntergang des Vortages beginnt. Ein islamischer Tag besteht also zunächst aus der gesamten Nacht (layla), dann aus dem gesamten hellen Tag (nahār). In den Jahreskalendern ist mit „Erster Tag des Hijriyy-Monats fällt auf“ immer das Datum genannt, auf das der helle Tag (nahār) des islamischen Tages fällt. Im Falle des Ramaḍān entspricht das also dem ersten Tag, an dem gefastet wird.

Zur Berechnung der Jahreskalender

Die auf den folgenden Seiten dargestellten Jahreskalender wurden alle auf eine einheitliche Weise hergeleitet. Alle Daten beruhen auf Berechnung, es sind keine Beobachtungsergebnisse eingeflossen, auch nicht bei den Jahreskalendern für die Vergangenheit. Die verwendete Berechnungsmethode soll hier klar und nachvollziehbar beschrieben werden. Außerdem sind ein paar wesentliche Punkte für die Anwendbarkeit dieser Jahreskalender zu beachten:

  • Die Jahreskalender gelten im engeren Sinn nur für den Bereich von Deutschland bzw. Mitteleuropa. Eine Anwendung auf andere Gegenden der Erde ist daher nicht ohne weiteres zulässig! Dies gilt in der Folge natürlich auch für die daraus abgeleiteten Statistiken.
  • Zur Bestimmung der islamischen Monatsanfänge wird das Prinzip der lokalen Sichtung (Ikhtilāfu l-maṭāli`) herangezogen, d.h. es werden nur Sichtungsmöglichkeiten innerhalb eines eingeschränkten Horizonts (Maṭla`) zur Entscheidung herangezogen, nicht jedoch Sichtungen irgendwo auf der Welt.
  • Da wegen der meteorologischen Umstände innerhalb Deutschlands in der Regel nur für wenige Monate im Jahr Sichtungen des Hilāls möglich sind, und zudem ein flächendeckendes Netz aus regelmäßigen Mondsichtern in Deutschland praktisch nicht existent ist, wurde als Maṭla` ganz Europa angenommen. Dies entspricht einer Anwendung der Fiqh-Regel „Erschwernis bringt Erleichterung“ (al-mašaqqa tajlibu l-taysīr). Die Beschränkung auf einen bestimmten Staat (z.B. Deutschland) ergibt auch islamologisch gesehen keinen Sinn, es erscheint aus verschiedenen Gründen sinnvoller, eine größere, und zwar eine durch die Geographie und nicht durch historisch begründete Grenzen von Nationalstaaten definierte Region als Maṭla` heranzuziehen.
  • Als „Europa“ wird hier der kontinentale Teil einschließlich der Britischen Insel und Irlands verstanden. Dieser Bereich bildet auch geologisch gesehen eine Einheit. Nicht inbegriffen sind Island und die politisch zu Europa gezählten atlantischen Inselgruppen (Azoren, Madeira, Kanaren, etc.), da diese geologisch nicht zum europäischen Kontinent zu rechnen sind.
  • Die Sichtungsmöglichkeit wurde nach dem Yallop-Kriterium D abgeleitet. Das Kriterium D entspricht einer Sichtbarkeit nur mit Fernglas oder Teleskop. Das Yallop-Kriterium wurde empirisch aus mehreren hundert Beobachtungen oder Nicht-Beobachtungen des Hilāls während der vergangenen 150 Jahre ermittelt. Es hat sich als äußerst zuverlässiges Kriterium erwiesen. Es wurde 1997/98 von B. D. Yallop publiziert in der NAO Technical Note No. 69 des HM Nautical Almanac Office.
  • Das Yallop-Kriterium wurde angewendet zum Zeitpunkt der besten Beobachtungszeit für den Hilāl („Best Time“). Die übliche Definition dafür lautet Best Time = Sonnenuntergangszeit + 4/9 Lag Time, wobei Lag Time = Monduntergangszeit - Sonnenuntergangszeit. Es wurde topozentrische Berechnung angewendet, sowie eine Korrektur für die Refraktion (Temperatur 15°C, Luftdruck 1010 hPa) angesetzt.

Basierend auf diesen Grundlagen wurden nun alle Monatsanfänge während eines Zeitraums von 50 Hijriyy-Jahren hinsichtlich der theoretischen Sichtbarkeit des Hilāls innerhalb des angenommenen Maṭla`s untersucht. Es wurde dann der nächste Tag als der Erste des neuen Hijriyy-Monats angenommen, wenn irgendein Teil von Europa (wie oben beschrieben) in die Zonen A-D nach dem Yallop-Kriterium fällt.

Wenn die Sichtbarkeitszone des Hilāls nur gerade noch streifend auf Europa fällt, so sind innerhalb Europas insbesondere Südspanien, Südportugal, und in seltenen Fällen auch Irland und Schottland (dies war z.B. im Šawwāl 1412/April 1992 der Fall) begünstigt als die Orte, an denen gerade noch eine Sichtung möglich sein kann. Es wurde daher in diesen Fällen ein besonderes Augenmerk auf die Sichtbarkeitsbedingungen in der Umgebung von Tarifa (südlichste Stadt in Spanien) und des Cabo de São Vicente (südwestlichste Landspitze von Portugal) gerichtet, wo gelegentlich eine Entscheidung recht knapp ausfiel. Innerhalb des untersuchten Zeitraums von 600 Hijriyy-Monaten gab es aber nur 13 Fälle, also etwa 2 %, wo die Grenze der Sichtbarkeit so knapp in der Nähe dieser Orte verlief, dass eine Entscheidung nur durch eine ganz genaue Nachprüfung im Detail getroffen werden konnte. Wenn diese Gebiete jedoch außerhalb der Sichtbarkeitszone lagen, wurde der Monatsbeginn nicht als gegeben angenommen, selbst wenn die Grenze der Sichtbarkeitszone dann nur ganz knapp entfernt in Nordmarokko oder vor der portugiesischen Küste lag.

Alle Untersuchungen wurden doppelt durchgeführt um Fehler auszuschließen. Das Ergebnis ist in tabellarischer Form auf den folgenden Seiten dargestellt. Zu gegebener Zeit werden in šā’a-Llāh noch Jahreskalender für weitere Zeiträume angefügt werden.

Statistik

Mit den gewonnenen Daten wurden einige statistische Untersuchungen angestellt. Die Ergebnisse seien hier aufgelistet und kommentiert:

  • Es treten während des gesamten untersuchten Zeitraums von 600 Hijriyy-Monaten nur Monatslängen von 29 oder 30 Tagen auf. Es gab keinen einzigen Fall, wo die Herleitung der Monatsanfänge nach der oben beschriebenen Methode zu 28 oder 31 Tage langen Monaten geführt hätte, so dass eine zwangsweise Korrektur des ermittelten Datums notwendig geworden wäre.
  • Es treten während des gesamten untersuchten Zeitraums von 50 Hijriyy-Jahren nur Jahreslängen von 354 Tagen (Gemeinjahr) oder 355 Tagen (Schaltjahr) auf. Es gab keinen einzigen Fall, wo die Herleitung der Monatsanfänge nach den oben beschriebenen Methoden zu 353 oder 356 Tage langen Jahren geführt hätte.

Diese Ergebnisse zeigen, dass die verwendete Methode zur Bestimmung der Monatsanfänge keine groben Fehler durch unzulässige Monats- oder Jahreslängen verursacht. Diesem Kriterium müssen sich andere Methoden erst noch unterwerfen. Die Ergebnisse eines solchen Vergleichs würden meinerseits mit Interesse aufgenommen werden.

  • Anzahl der Monate mit 29 Tagen im untersuchten Zeitraum: 281
  • Anzahl der Monate mit 30 Tagen im untersuchten Zeitraum: 319
  • Mittlere Länge der Monate im untersuchten Zeitraum: 29,53 Tage. Dies entspricht genau der Länge des synodischen Monats.

Interessant ist hier auch die folgende Statistik: Obwohl über einen längeren Zeitraum betrachtet jeder Monat in 47 % der Fälle eine Länge von 29 Tagen und in 53 % der Fälle eine Länge von 30 Tagen haben sollte, gibt es für den Monat Ramaḍān im untersuchten Zeitraum von 50 Jahren ein deutlich von dieser Verteilung abweichendes Ergebnis:

  • Anzahl Jahre, in denen der Monat Ramaḍān 29 Tage hat: 20 Fälle = 40 %
  • Anzahl Jahre, in denen der Monat Ramaḍān 30 Tage hat: 30 Fälle = 60 %

Die Interpretation dieses Ergebnisses sei jedem selbst überlassen, für eine statistische Aussagekraft müsste ein längerer Zeitraum als nur 50 Jahre untersucht werden. Es gibt aber zu denken, dass dieser besondere Monat (zumindest in unserer Epoche) so oft die volle Länge von 30 Tagen hat und uns damit die Möglichkeit zu mehr `Ibāda bietet. Leider stellt man ja aber oft fest, dass viele Fastende jede noch so unbestätigte oder unglaubwürdige Information (Gebetskalender unbekannter Herkunft, kolportierte „Sichtungs“meldungen) benutzen, um ihr Fasten nach 29 Tagen zu beenden. Allāhu a`lam.

Die mathematisch „idealisierte“ Abfolge der Monatslängen im islamischen Kalender würde einer jeweils abwechselnden Folge von Monaten mit 30 und 29 Tagen entsprechen, beginnend mit 30 Tagen für den Muḥarram und endend mit 29 Tagen für den Dhū l-ḥijja in Gemeinjahren bzw. 30 Tagen für den Dhū l-ḥijja in Schaltjahren. Eine solche „idealisierte“ Abfolge tritt jedoch in der Realität wegen der veränderlichen Umlaufbahn des Mondes um die Erde recht selten auf, denn innerhalb des untersuchten Zeitraums entsprechen nur die beiden Jahre 1406 n.H. (Schaltjahr) und 1430 n.H. (Gemeinjahr) diesem Schema. Dies liegt auch daran, dass recht häufig Serien von Monaten mit gleicher Länge diese „idealisierte“ Abfolge unterbrechen:

  • Zwei Monate mit 29 Tagen in unmittelbarer Folge: 46 Fälle
  • Drei Monate mit 29 Tagen in unmittelbarer Folge: 8 Fälle
  • Vier Monate mit 29 Tagen in unmittelbarer Folge: 0 Fälle

  • Zwei Monate mit 30 Tagen in unmittelbarer Folge: 44 Fälle

  • Drei Monate mit 30 Tagen in unmittelbarer Folge: 17 Fälle
  • Vier Monate mit 30 Tagen in unmittelbarer Folge: 7 Fälle
  • Fünf Monate mit 30 Tagen in unmittelbarer Folge: 0 Fälle.

Es wird gelegentlich das gehäufte Aufeinanderfolgen von Monaten mit gleicher Länge zum Anlass genommen, die Zuverlässigkeit berechneter Kalender anzuzweifeln. Ebenso wird dieses Argument dazu verwendet, Monate künstlich zu verkürzen bzw. zu verlängern, weil man fälschlicherweise davon ausgeht, dass es keine längeren Serien von Monaten mit gleicher Länge geben dürfte. Dies ist aber nicht korrekt: Das obige Ergebnis zeigt, dass das mehrfache Aufeinanderfolgen von Monaten mit 29 oder 30 Tagen überhaupt nichts Ungewöhnliches ist. So ist es zwar selten, aber durchaus nicht unmöglich, dass Serien von drei Monaten mit 29 Tagen und sogar Serien von vier Monaten mit 30 Tagen auftreten. Dies geschieht im Durchschnitt jeweils einmal in sechs bis sieben Jahren, und dennoch wird der gesamte Kalender dadurch nicht „außer Tritt“ gebracht. Noch längere Serien sind im untersuchten Zeitraum nicht aufgetreten, können aber für andere Zeiträume auch nicht prinzipiell ausgeschlossen werden.

Anmerkung: Prof. Dr. Iraj Malakpur von der Universität Teheran führte eine Untersuchung von 65000 Monaten bzw. Standorten durch, bei der er ebenfalls eine maximale Anzahl von 3 aufeinanderfolgenden Monaten mit 29 Tagen und von 4 aufeinanderfolgenden Monaten mit 30 Tagen fand. Diese Untersuchung wurde veröffentlicht in der Herbst-1385 Ausgabe von Našr-e Daneš (in Persisch).

  • Anzahl der Gemeinjahre mit 354 Tagen im untersuchten Zeitraum: 31
  • Anzahl der Schaltjahre mit 355 Tagen im untersuchten Zeitraum: 19
  • Mittlere Länge der Jahre im untersuchten Zeitraum: 354,38 Tage. Dies entspricht fast exakt der Länge von 12 synodischen Monaten.

  • Der neue Monat beginnt mit dem ersten Sonnenuntergang nach der geozentrischen Konjunktion von Sonne und Mond (Neumond), d.h. Mondalter < 24 Std.: 136 Fälle (23 %)

  • Der neue Monat beginnt mit dem zweiten Sonnenuntergang nach der geozentrischen Konjunktion von Sonne und Mond (Neumond), d.h. Mondalter 24-48 Std.: 439 Fälle (73 %)
  • Der neue Monat beginnt mit dem dritten Sonnenuntergang nach der geozentrischen Konjunktion von Sonne und Mond (Neumond), d.h. Mondalter > 48 Std.: 25 Fälle (4 %)

(Anmerkung: Hier wurde der Zeitpunkt des scheinbaren Sonnenuntergangs für Südwest-Deutschland angenommen). Dieses Ergebnis zeigt einerseits, dass der Hilāl in Europa normalerweise und in den meisten Fällen erst beim zweiten Sonnuntergang nach Neumond gesichtet werden kann, und dass es andererseits überhaupt nichts Ungewöhnliches ist, wenn ein Hijriyy-Monat sogar erst mit dem dritten Sonnenuntergang nach Neumond beginnt. Dieser Fall tritt jeweils gehäuft in den Jahren 1988-91, 1995-97, 2006-08, 2011-15 und 2024-27 auf, und zwar nur in den Monaten Juli bis November. Dies liegt an der veränderlichen Umlaufbahn des Mondes um die Erde, die in diesen Jahren und Monaten besonders ungünstige Sichtungsbedingungen auf der Nordhalbkugel der Erde hervorruft, so dass dann oft der Hilāl erst mit dem dritten Sonnenuntergang nach Neumond innerhalb Europas zu sehen ist.

Hamburger Muslime gegen Feiertagschaos

Die SCHURA - Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg, ein Zusammenschluss der meisten Moscheen und islamischen Vereine in Hamburg, strebt eine einheitliche Regelung zur Festlegung der islamischen Feiertage an.

Zur kompetenten Einführung in das Thema Mondsichtung wurde Ahmad Kaufmann zu einem Vortrag auf der SCHURA-Mitgliederversammlung am 29. April 2007 eingeladen.

Anschließend erfolgte die Berufung einer Kommission zur Beratung dieser Fragen.

Br. Norbert Müller verfasste für die Islamische Zeitung einen Artikel zu diesem Thema, der hier nachgelesen werden kann.

Während die einen noch fasten...

In der Ausgabe 135 der Islamischen Zeitung vom 24.01.07 erschien unter dem Titel "Während die einen noch fasten... begehen die Nachbarn schon das Fest. Die Unterschiede bei den Feiertagen sind ein Ärgernis" ein Artikel von Yasin Alder (Stellvertretender Chefredakteur) über das Ärgernis der Unterschiede bei den islamischen Feiertagen. Der Artikel kann hier gelesen werden.

Kommentar: Ramadânende - Kein Ruhmesblatt

In diesem Ramadan konnten die Verbände sich nicht auf ein gemeinsames Ende einigen und verärgern viele Muslime - von Sulaiman Wilms, Berlin

(iz). Wir schreiben das Jahr 2006. Die nominell 3,2 Millionen Muslime in Deutschland haben ihre politischen oder auf einzelne Sachthemen hin angelegten Organisationen, Arbeitsgemeinschaften und Dachverbände auf den unterschiedlichsten Ebenen - von einzelnen Städten wie jüngst in Bonn bis zur Bundesebene. Und man wolle, so zumindest der geäußerte Anspruch, auf gleicher Augenhöhe mit der Politik über relevante Fragen verhandeln.

So weit, so gut. Eigentlich, so sollten wir annehmen dürfen, wäre damit nicht nur die Basis gelegt für einen sinnvollen Dialog mit der Mehrheitsgesellschaft, sondern auch, um die religiösen Notwendigkeiten der praktizierenden Muslime untereinander zu regeln. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass die flexible religiöse Lebensweise des Islam es einfach macht, sich unterschiedlichen Gegebenheiten anzupassen. Es geht um organisatorisch simple Fragen nach dem gemeinschaftlichen Gebet, der Zakat und der gemeinschaftlichen Bestimmung des Anfangs und des Endes des Monats Ramadan.

Und genau hier tritt die Brüchigkeit der bisherigen Organisationsweise der deutschen Muslime zu Tage. Es ist ein Gemeinplatz, wonach die unterschiedlichen nationalen und politischen Loyalitäten der einstmals emigrierten Muslime in der Vergangenheit dazu führten, dass der Ramadan für die unterschiedlichen Gemeinschaften an verschiedenen Tagen anfing oder endete. Und so haben die Verbände unterschiedliche Sphären der Wirklichkeit geschaffen, wenn verschiedene Moscheen in der gleichen Straße an unterschiedlichen Tagen das Ende des Ramadans begehen.

Zu diesem Zweck wurde eigentlich vor einigen Jahren der so genannte „DIWAN“ (Deutscher Islamwissenschaftlicher Ausschuss zur Bestimmung des Neumondes) ins Leben gerufen. Seine Aufgabe war die verbindliche Festsetzung der Ramadanzeiten. Das angestrebte Ziel wurde nicht erreicht, denn der Rat konnte sich bei seiner entscheidenden Sitzung am 22.10. nicht einigen und zerstritt sich in Folge. Und so hatten wir auch in diesem Jahr zwei unterschiedliche Tage, an denen die deutschen Muslime das Fest des Fastenbrechens begingen. Es muss den vielen, die gemeinsam mit dem DIWAN das Fasten begannen, unfair erscheinen, dass dieser sich nicht auf einen verbindlichen Termin geeinigt hat. Vor allem, wenn dieser (nur für einen Teil seiner Mitglieder) das Ende des Ramadans ohne Erläuterung von Gründen offiziell ausruft.

Was wir brauchen, ist eine politische Repräsentanz (zumindest der praktizierenden Muslime), die in der Lage ist, diese grundlegenden und entscheidenden religiösen Fragen verbindlich und nachvollziehbar zu klären. Die Erfahrung eines gescheiterten „Einheits“-Projektes (erst groß angekündigt und dann heimlich beerdigt) haben wir schon einmal gemacht. Quelle: Islamische Zeitung

Saudi-Arabien gegen den Rest

Die Bestimmung des exakten Zeitpunkts für Beginn und Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan ist immer wieder Anlass für Verwirrung und Streit in der islamischen Welt. Warum das so ist, versucht Christian Luenen zu erklären.

Lange vor dem Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan disputieren muslimische Gelehrte aus aller Welt darüber, welches die korrekte Methode ist, die Sichel des entstehenden Mondes zu sichten.

Um das Probleme des genauen Beginns eines jeden islamischen Monats - einschließlich Ramadan - besser verstehen zu können, ist es unerlässlich, die Verflechtung mit der Thematik der Hermeneutik der Scharia sowie der Machtverhältnisse zwischen verschiedenen Organisationen, Regierungen und muslimischen Gelehrten im Allgemeinen zu verstehen.

Der Halbmond im islamischen Recht

Die einzige Vorraussetzung, die der Koran vorgibt ist, dass, der Monat Ramadan mit dem Sichten des neuen Halbmondes eingeleitet wird. Bis jetzt waren sich die meisten muslimischen Gelehrten darin einig, dass die physische Sichtung des Mondes unerlässlich sei, insbesondere da in einem viel zitierten Ausspruch des Propheten (hadith) das Wort ru'ya verwendet wurde, welches spezifisch auf das Sichten des Mondes mit bloßem Auge verweist.

Muslime sind also weltweit angehalten, am 29. Tag eines jeden Monats auf die Sichtbarkeit des neuen Halbmondes zu achten und alle Informationen darüber an die zuständigen Stellen weiterzuleiten. Wenn am 29. Tag eines Monats der Halbmond jedoch noch nicht sichtbar ist, muss die Vollendung des 30-Tage-Zyklusses abgewartet und der neue Monat am nächsten Tag begonnen werden.

In den letzten Jahren haben jedoch astronomische Methoden und Berechnungen zur Bestimmung des neuen Monats an Gewicht gewonnen und werden von vielen Gelehrten, Organisationen und Staaten zur Unterstützung und Verifikation der physischen Sichtungen herangezogen.

Astronomische Berechnungen

Moderne astronomische Berechnungen können den exakten Zeitpunkt der Konjunktion des Neumondes - wenn der Mond in einem Winkel von 0° zur Sonne steht und somit nicht sichtbar ist - für viele Jahre im Voraus genau bestimmen.

Die tatsächliche Sichtbarkeit des entstehenden Halbmonds (der erst nach mindestens 13.5 Stunden und wenn der Mond sich in einem Winkel von mindestens 7.2° - 8.5° zur Sonne verhält mit Hilfe eines Teleskops sichtbar wird) ist natürlich viel schwerer exakt zu bestimmen, da dies zusätzlich von Faktoren wie Zeitverschiebung, atmosphärischer Verschmutzung sowie Wetter- und Witterungsbedingungen abhängt.

Bis jetzt hat die große Korrektheit solcher Prognosen noch nicht dazu geführt, dass alle muslimischen Gelehrten diese mathematische Variante anerkennen und das Kriterium des physischen Sichtens fallen lassen. Die folgenden drei Positionen haben die Debatte bisher dominiert:

  • Die erste Position lehnt die Anwendung astronomischer Berechnungen vehement ab und richtet sich nur nach dem Kriterium des physischen Sichtens;
  • Die zweite Position erlaubt die Anwendung der astronomischen Vorgaben, um Richtlinien für die physische Sichtung zu schaffen und die Resultate der Sichtungen entweder verifizieren oder ablehnen zu können;
  • Die dritte Position vertritt den Standpunkt, dass astronomische Berechnungen und empirische Daten alleine ausreichend seien, um die Sichtbarkeit des entstehenden Halbmonds festzustellen.
  • Ferner müssen die folgenden zwei Positionen des islamischen Rechts (fiqh) berücksichtigt werden, um die Vielfältigkeit der verschiedenen Meinungen und Methoden zu verstehen:
  • Das Prinzip der globalen Sichtung: Wenn irgendwo auf der Welt der Halbmond gesichtet werden konnte, ist dies für alle Muslime weltweit verpflichtend. Das Fasten beginnt am nächsten Morgen.
  • Das Prinzip der lokalen Sichtung: Aufgrund hemisphärischer und geographischer Unterschiede sollte jede Gemeinschaft oder zusammenhängende Region sich nach ihren eigenen Sichtungen richten und den Ramadan entsprechend beginnen und beenden.

In der Praxis haben sich unterschiedliche Varianten und Kombinationen aus den oben genannten Meinungen und Kriterien ergeben. Oft waren aber die Positionen der verschiedenen Autoritäten der islamischen Welt – offizielle Haltung der Nationalstaaten, verschiedene Organisationen, muslimische Gelehrte - ausschlaggebend für die Entscheidung der meisten Muslime.

Saudi-Arabiens Führungsrolle

Da Saudi-Arabien aufgrund seiner Rolle als Geburtsort des Islam und als Hüter der beiden heiligsten Städte des Islam hohes Prestige genießt, folgen viele Muslime weltweit dem saudi-arabischen Beispiel.

Renommierte muslimische Astronomen behaupten jedoch, dass Saudi-Arabiens Entscheidungen über den Beginn Ramadans seit Jahren falsch seien. Sogar einige saudi-arabische Rechtsgelehrte, wie Sheikh Al-Othaimeen, haben deshalb die Anwendung des Prinzips der lokalen Sichtung für Muslime außerhalb des Königreiches befürwortet, um Verwirrung zu vermeiden.

Saudi-Arabien stützt sich dabei auf seinen Umm-ul-Qura-Kalender, der zwar ein Mondkalender ist, nicht aber ein islamischer und sich nicht nach der physischen Sichtung des Mondes richtet, sondern auf der Konjunktion beruht und mathematisch voraus berechnet wird.

Er ist deshalb nur für die zivile Nutzung gedacht und nicht für die Bestimmung religiöser Feiertage oder des Fastenmonats, was von saudi-arabischer Seite auch nicht bestritten wird.

Obwohl die saudi-arabischen Behörden auch schon vor Jahren eigene Mondsichtungs-Komitees ins Leben riefen, die sich aus Rechtsgelehrten, Astronomen sowie Laien zusammensetzen und überall im Land verteilt am 29. Tag des Monats vor Ramadan nach dem entstehenden Halbmond Ausschau halten (da sie sich offiziell dem Prinzip der lokalen Sichtung des Halbmonds mit bloßem Auge verpflichtet haben), haben die saudi-arabischen Behörden die Entscheidungen des Komitees oftmals ignoriert.

Stattdessen stützten sie sich auf Aussagen aus dem Volk, auch wenn diese astronomisch nicht haltbar waren, um den Beginn des Ramadan entsprechend des zivilen Umm-ul-Qura-Kalenders ausrufen zu können.

Daher hätten sie Ramadan manchmal sogar bis zu zwei Tage vor einer tatsächlich möglichen Sichtung des Halbmonds begonnen, schreibt Khalid Shaukat, ein dem "International Crescent Observation Project" (ICOP) nahe stehender Astronom, der auch als freier Berater der "Islamic Society of North America" (ISNA) tätig ist.

Die verlässlichsten astronomischen Daten über eine mögliche Sichtbarkeit des entstehenden Halbmonds kommen vom ICOP, einem Komitee der Jordan Astronomical Society (JAS) sowie dem Moonsighting Committee Worldwide (MCW).

Besonders die einschlägige und ausgiebige Recherche von Experten wie Mohammad Odeh aus Jordanien, Dr. Monzur Ahmed aus Großbritannien, Khalid Shaukat aus den USA oder von Diplom-Ingenieur Gerhard Ahmad Kaufmann aus Deutschland, die alle Mitglieder des ICOP sind, dienen all jenen Gelehrten und Organisationen, die astronomische Berechnungen nutzen oder sich vollends auf diese verlassen.

Ramadan in Deutschland

Wie viele islamische Länder haben sich auch in Deutschland viele örtliche Moscheevereine und Organisationen dem Vorbild Saudi-Arabiens untergeordnet und deshalb den Beginn des diesjährigen Ramadans für den 23. September festgesetzt. Saudi Arabien hatte, sich auf eine - astronomisch unmögliche - Sichtung des Vorabends berufend, den Beginn des Fastenmonats Ramadan am Vorabend ausgerufen.

Der DIWAN (Deutscher Islam-Wissenschaftlicher Ausschuss der Neumonde) vom deutschen "Zentralrat der Muslime" legte den Ramadanbeginn für Sonntag, den 24. September fest - genau wie der Europäische Rat für Fatwa und Forschung, dem der Rechtsgelehrte Yusuf al-Qaradawi vorsteht.

Dem Vorbild von DIWAN folgten dann die größten deutschen muslimischen Gemeinden sowie die Mitgliedsorganisationen des DIWAN, u.a. auch die "Islamischen Zentren" in Aachen und München. Die Entscheidung des DIWAN basierte, den Informationen von Ahmad Kaufmann zufolge, auf einer Kombination von astronomischer Berechnung und dem Prinzip der globalen Sichtung, demzufolge es am Samstagabend des 23. September in einigen Teilen der Welt möglich war, den entstehenden Halbmond zu erkennen.

Ahmad Kaufmann hat stattdessen das Prinzip der lokalen Sichtung dem der globalen vorgezogen, was den Beginn des Ramadan einen Tag nach hinten verschoben hätte, also auf den 25. September.

Trotz astronomischer Berechnungen halten die Streitigkeiten über die korrekte Methode an. Das größte Problem ergibt sich für Muslime die in nicht-islamischen Ländern wie den USA oder Europa leben. Diese haben sich in der Vergangenheit in der Regel dafür entschieden, entweder - paradoxerweise der Einheit der Muslime willen - Saudi-Arabien zu folgen oder - aufgrund einer emotionalen Bindung - ihren Heimatländern (was häufig auf die saudi-arabische Berechnung hinausläuft), oder aber sich an den in ihrem Land existierenden Organisationen orientieren, die zum Teil versuchen, die Muslime wenigstens auf nationaler Ebene zu einen.

Christian Luenen

Quelle: Qantara.de